Das Frauenbildungshaus in Lövenich: #lila_bunt

Straßenansicht im Gründungsjahr 1979

Vom Bauernhof zum Frauenbildungshaus

Im kleinen Dorf Zülpich-Lövenich wurde feministische Geschichte geschrieben. In einem ehemaligen Bauernhof an der Prälat-Franken-Straße 22 unweit des Rotbachs wurde am 1. Juli 1979 das erste Bildungs- und Kommunikationszentrum in Deutschland eröffnet, das ausschließlich von Frauen geleitet und nur für Frauen da ist.

In mehreren Bauphasen baute man den Fachwerkhof nach ökologischen Standards zu einem Tagungshaus um. Es wurde ein Ort geschaffen, der über 30 Gästen Unterkunft bietet. Die Zimmer sind alle nach Feministinnen benannt. Scheune und Vorderhaus dienen als Seminargebäude; ein großer Innenhof, Garten, Sauna und Meditationsraum sowie Werkstatt und Atelier geben Raum für Kommunikation und Kreativität.

Auf dem Höhepunkt der Frauenbewegung

1979 war es noch nicht selbstverständlich, dass Frauen in allen gesellschaftlichen, politischen und beruflichen Bereichen gleichwertig angesehen und behandelt wurden. Die Forderung der Feministinnen, die Bevorzugung von Männern in der Gesellschaft zu beenden und Frauen mehr Einfluss zu geben, war mehr als berechtigt. Gegen Sexismus und für Selbstbestimmung aller Menschen jeglichen Geschlechts einzutreten, war das Ziel der Bewegung.

Doch gerade in ländlichen Regionen Deutschlands stieß man dabei noch oft auf Ablehnung. So scheiterten dann auch viele Projekte mit diesem Konzept am Unverständnis der lokalen Bevölkerung. Das Frauenbildungshaus in Lövenich war jedoch von Beginn an ein Erfolgsmodell.

Ein Bildungshaus – ausschließlich von Frauen geleitet und nur für Frauen offen

1979 kamen zwanzig Studentinnen der Fachhochschule Köln mit der Vision nach Zülpich, die erste feministische Bildungsstätte Deutschlands zu gründen. Ziel war es, einen Ort der Begegnung und der Bildung ausschließlich für Frauen zu schaffen, wo man in angenehmer Atmosphäre seine Erfahrungen als Frauen in der Gesellschaft gemeinsam reflektieren kann und die Möglichkeit hat, Visionen, Ziele und neue Handlungsperspektiven zu entwickeln.

Die Einrichtung des Hauses, Gestaltung und Durchführung der Kurse und Seminare wurden anfangs kollektiv von einem „Team“ organisiert. Daraus entwickelte sich ein „Leitungsteam“, dessen Mitglieder reihum einmal im Monat „Hausdienst“ übernahmen: Kurse begleiteten, Gäste und Referentinnen betreuten.

Um nach dem NRW-Weiterbildungsgesetz Zuschüsse für Seminare und Pädagoginnen zu erhalten, trat man 1983 als Trägerverein dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband bei. Inhaltlich konzentriert sich das Bildungsangebot im Frauenbildungshaus auf die Bereiche Beruf und Management, Gesundheit und Therapieverfahren, Kreativität und Umwelt, Lebensgestaltung und Spiritualität.

Das Haus versteht sich seit jeher auch als Ferienheim für weibliche Reisegruppen oder Einzelreisende. Es steht ebenso offen für selbstorganisierte Tagungen und Feiern von Frauenvereinen, Lesbengruppen, Netzwerken und ähnlichen Initiativen.

Im März 2019 übernahm ein „queer_feministisches Kollektiv“ unter dem Namen „lila_bunt – Feministische Bildung, Praxis und Utopie“ das Frauenbildungshaus. Der eingetragene Verein führt es laut eigener Darstellung als „Raum für politische Bildung, gemeinsames Lernen und queer_feministische Mobilisierung, für Entspannung und Entschleunigung vom patriarchalen Alltag“ weiter.

Lila_bunt ist heute ein Ort für queere FLINTA (Frauen, Lesben, Inter-, Nichtbinäre, Trans- und Agender Personen).

Kopfbild: Straßenansicht im Gründungsjahr 1979, Foto: Frauenbildungshaus — lila_bunt

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