Weibliches Engagement aus Mechernich im Dienst der Misson: Die drei Schwestern Roggendorf

Elternhaus der Schwestern Roggendorf in der Arenbergstraße, Mechernich.

Mechernich zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Unter dem Mechernicher Bleiberg liegt noch heute eines der größten Bleierzvorkommen Europas. Doch Silvester 1957 wurde die letzte Schicht „auf Spandau“ gefahren – der Abbau lohnte nicht mehr. Seinen Namen erhielt das Bergwerk im Volksmund nicht zuletzt aufgrund der harten und ungesunden Arbeitsbedingungen.

Die Stadt ist ein Beispiel für die Industrialisierung im ländlichen Raum – aber auch für die sozialen Verwerfungen, die dies mit sich brachte. Arbeitswege bis zu 10 Kilometer, lange Schichten und ein rigoroses Strafwesen waren die Norm. Erkrankungen wie Bleivergiftung bei Mensch und Tier waren verbreitet. Die karitativen Einrichtungen in Mechernich mochten den Schwestern Roggendorf als Vorbild gedient haben.

Katholisches Milieu und soziale Veränderungen

Die frühen Jahre der Roggendorf-Schwestern waren geprägt von der Industrialisierung in einem ländlichen Raum sowie den gesellschaftlichen Umbrüchen von Weltkrieg und Inflation. Die Eltern Roggendorf fanden Halt im christlichen Glauben und gaben dies an ihre Kinder weiter.

Das Leben in den Eifeldörfern war noch weitgehend traditionell und katholisch geprägt. Die Technisierung im Bergbau führte zugleich zu einer Veränderung der Lebens- und Arbeitsbedingungen dieser Menschen. Die Sozialforscherin Fanny Imle ging bereits 1909 diesen Fragen nach.

Auch Einflüsse von außen und vorbildliche karitative Einrichtungen vor Ort mochten dafür gesorgt haben, das Leben der Roggendorf Schwestern von Mechernich in die Welt zu lenken.

Gertrud (Sr. Anna Huberta 1909 – 1973), Agnes (Sr. Anna-Xaveria 1910 – 2005) und Maria (Sr. Anna Maria 1914 – 2015)

Gleich drei Töchter der Familie Roggendorf traten in jungen Jahren in religiöse Frauengemeinschaften (der Lütticher Kongregation „Filiae Crucis“) ein, eine Lebensentscheidung, die sie weit über die Eifel hinaus bis nach Indien, Pakistan und Brasilien führen sollte. Ihr Lebensweg kann als Beispiel gelten für die Bedeutung von Religion und Frömmigkeit in vielen weiblichen Biografien des 19. und 20. Jahrhunderts.

Für Frauen aus dem ländlich-katholischen Raum gab es damals wenige andere attraktive Handlungsoptionen, wenn sie nicht traditionellen Rollenmodellen von Ehe und Familie folgen wollten.

Die bekannteste der drei Schwestern ist wohl Gertrud. Als Schwester Anna Huberta gründete sie im indischen Andheri, einem Slum vor den Toren der Metropole Bombay (Mumbai), ein Kinderheim mit dem Ziel, Mädchen und vor allem unverheirateten, jungen Müttern eine Zuflucht zu geben. 1942 rief sie die „Society of the Helpers of Mary“ ins Leben, die sich seither für die Menschen am Rande der Gesellschaft einsetzt.

Ihr Werk wird bis heute von der „Anna Huberta Roggendorf Stiftung“ und vom Verein „Andheri-Hilfe“ in Bonn fortgeführt.

Agnes Roggendorf ging als Schwester Anna-Xaveria nach Lahore in Pakistan. Fast 30 Jahre arbeitete sie an der angesehensten Mädchenschule des Landes in Karachi, der „St. Patrick Schools für Girls“. Sie bildete Mädchen zu Krankenschwestern, Fürsorgerinnen und Lehrerinnen aus.

Maria Roggendorf lebte seit 1953 in Brasilien. Als Schwester Anna Maria gründete sie 1956 die Missionsstation Bocaiuva do Sul in Guaratuba. Sie war verantwortlich für mehr als 3.000 Familien in den Slums und den 40 Pfarrgemeinden der Umgebung. In 18 Krankenstationen kümmerte sie sich um die Entbindungsstationen und gab Müttern dort die Chance, ihre Kinder gesund zur Welt zu
bringen.

Kopfbild: Elternhaus der Schwestern Roggendorf in der Arenbergstraße, Mechernich.
Foto: Gabriele Rünger

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