Volker Reppke, Friedrich Knauer, Andreas Schmickler:Bergbau in der Mutscheid (Eifel) – Die Grube Glücksthal, Eigenverlag 2018

BUCHBESPRECHUNG

Das großformatige Buch mit dem etwas sperrigen Titel sollte nicht abschrecken, denn schon das Einband-Foto mit Arbeitern unter einem Förderturm verweist auf eine ungewöhnliche Thematik – auf die Relikte des Industriezeitalters in einer Landschaft, die heute die Naturfreunde anzieht. Die Veröffentlichung gilt einem besonderen Kapitel der Eifeler Bergbaugeschichte. Wer weiß schon, dass im Münstereifeler Höhengebiet hinter der Wasserscheide und zur Ahr hin früher einmal nach Erzen gegraben und über Jahrhunderte erfolgreich Blei, Zink und Kupfer gefördert wurde. Wo nur eine karge Landwirtschaft den Lebensunterhalt ermöglichte, waren arme Bauern froh, auch als Bergleute arbeiten zu können. Landesherren und Grundeigentümer besaßen die Rechte und brachten das Kapital auf, Fachleute, oft von auswärts, besaßen das Wissen. In den Tälern und auf den Höhen der Mutscheid bleiben die Spuren des Bergbaus sichtbar. Der kundige Wanderer stößt in der Umgebung der Dörfer auf Halden, Klärbecken und Pingen, Mundlöcher von Stollen und ehemalige Werksgebäude oder Gebäudefundamente, Flurnamen erinnern an bergbauliche Aktivitäten.

Es ist das große Verdienst der Autoren, vor allem des uneigennützigen Projektförderers Friedrich Knauer, in mühevoller Kleinarbeit und mit großem Sachverstand die Historie der Bergkonzession Glücksthal und ihren Betriebspunkten zusammengetragen zu haben. Das Ergebnis ist lesens-, aber insbesondere sehenswert. Die Lektüre wird durch Fotos, Karten und 3-D-Rekonstruktionen reich bebildert und ist geradezu ein visuelles Vergnügen. Dieses Buch lädt zu einer Erkundung der Mutscheider Anlagen ein – mit dem Hauptschacht bei Willerscheid und den Bergwerken Klappertshardt bei Hummerzheim und Hürnigskopf nordwestlich von Hürnig-Binzenbach. Auch die weiteren Gruben und Stollen bei Burgsahr, Hospelt und am Liersbach werden in die Untersuchung einbezogen. Wenn man die bekannten Orte des Erzbergbaus an der oberen Ahr und der Inde/Rur hinzunimmt und die Grube Wohlfahrt in Rescheid kennt, dann entsteht ein neues Bild der Eifel als einer montangeschichtlichen Landschaft.

Schon auf dem Tranchotblatt von 1804 wird die mine de plomb aufgeführt und sie findet sich auch bereits auf älteren Karten. Im 17. Jahrhundert haben Kölner Erzbischöfe oder energische Unterherren wie ein Marsilius von Pallandt die Fachleute aus Sachsen oder der Wallonie verpflichtet. Auffällig bleibt der Wechsel in den Betriebsphasen. Zwischen einem wagemutigen Unternehmer Johann Christian Schmitz in der napoleonischen Zeit, der ergiebigen Fördertätigkeit um 1850 und einer spekulativen Aufbruchphase um 1900, als ein belgischer Eigentümer große Pläne hatte, lagen immer wieder Zeiten, in denen nicht gefördert wurde. Was für die Libussa Gewerkschaft auf Glücksthal zu beobachten ist, findet auf der benachbarten Grube Klappertshardt eine spätere Entsprechung. Seine beste Zeit hatte das Bergwerk in den Jahren 1932 bis 1943 unter dem NS-Regime. Die Stolberger Zink AG baute über dem Paula-Schacht die Werksanlagen völlig um oder neu – mit eisernem Fördergerüst und Maschinenhaus, mit Zufahrtsstraße, Bahngleis und Trafostation. Eine ansehnliche Fotoserie vermittelt (noch heute) den Eindruck einer Industriekulisse in zeitgemäßer Modernität – den Großauftrag hatte übrigens die Euskirchener Baufirma Albert Jung bekommen. Die NS-Presse schwärmte schon von 300 bis 400 Arbeitsplätzen (nachher wurden es nur rund 100), immerhin wurden zwischen 1935-1938 etwa 16.000 t Erz gefördert und mit Pferdefuhrwerken oder LKWs zum Bahnhof Schuld/Ahr transportiert.

Die Autoren haben ihre bergbaugeschichtliche Rückschau breit angelegt, sie reicht von der Geologie der Lagerstätten und der bisherigen Literatur bis zu den sozialen Verhältnissen, die ein besonderes Augenmerk finden. Man erfährt so manches über die Arbeitsverhältnisse in der Mitte des 19. Jahrhunderts wie über die der Kriegsjahre durch letzte Zeitzeugen, über Kinderarbeit und die Knappschaft bei Berufskrankheit. Den wechselnden Bewohnern und Mietern des sog. Steigerhauses am Robert-Stollen ist ein eigenes Kapitel gewidmet, dabei entsteht ganz nebenbei ein Bild der Notzeit vor und nach Kriegsende.

Von: Dr. Reinhold Weitz

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